Okuribito – Departures

Ⓒ Studio / Produzent

Okuribito – Departure von Yojiro Takita gewann 2009 etwas überraschend den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Er schlug die favorisierten Werke Waltz with Bashir aus Israel oder Entre les Murs aus Frankreich aber durchaus berechtigt.

Daigo Kobayashi (Masahiro Motoki) arbeitet als Musiker. Der Cellist hat endlich eine Stelle in einem grossen Orchester ergattert und freut sich auf die bevorstehende Saison. Doch da wird den Musikern plötzlich mitgeteilt, dass das Orchester kein Geld mehr hat und alle Musiker entlassen werden müssen. Nun ist Daigos Cellospiel nicht sonderlich hervorragend, eher durchschnittlich. Zu seinem beruflichen Unglück gesellt sich auch noch Pech dazu, hat er doch kurz vor der Massenentlassung ein kostspieliges Cello gekauft. Daigo weiss nicht recht, was er mit seinem Leben anfangen soll.

Seine Frau Mika gibt ihm aber den nötigen Halt und gemeinsam beschliessen die beiden, in Daigos Heimatstadt zurückzukehren. Da Daigos Mutter vor kurzem gestorben ist und das kleine Haus frei steht, und Mika als Computerspezialistin von überall arbeiten kann, wagen sie den Neuanfang. Auf der Suche nach einem neuen Job entdeckt Daigo ein ansprechendes Inserat eines Unternehmens, das sich auf Abreisen spezialiert hat. Frohen Mutes stellt sich Daigo tags darauf bei Ikuei Sasaki (Tsutomu Yamazaki) vor und wird von der Stelle weg engagiert. Doch nicht etwa als Reiseführer, wie Daigo geglaubt hat, sondern als eine Art Leichenbestatter. Daigos zukünftige Aufgabe wird darin bestehen, die Verstorbenen getreu dem Ritual für die letzte Reise vorzubereiten um den Familien einen letzten Abschied zu ermöglichen.

Nun ist es in Japan wie anderswo auch: der Tod ist ein Tabuthema und alle, die mit Toten zusammen arbeiten, sind nicht unbedingt die bevorzugsten Gäste im eigenen Haus. Der Mensch mag nicht gerne an seine Sterblichkeit erinnert werden. Auch Daigo will sich lieber nach einem neuen Job umsehen, doch irgendwie scheint er nicht von Sasaki und seinem Unternehmen loszukommen. Mit der Zeit findet er sogar mehr oder weniger Gefallen an seinem neuen Job, sieht er doch, dass seine Arbeit den Hinterbliebenen Trost spenden kann. Nur sein näheres Umfeld findet sich so gar nicht mit Daigos neuer Aufgabe ab. Mika, seine Frau, verlässt ihn, alte Freunde wenden sich von ihm ab und Daigo sieht sich plötzlich vor die Wahl gestellt: soll er als durchschnittlicher Cellist bei einem mittelmässigen Orchster anheuern, oder soll er, wie ihm attestiert wird, als talentierter nokanshi (etwa Einsarger) weiterarbeiten.

Die Wärme zurückgeben

Der Tod, und alles was damit zusammenhängt, ist noch immer ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Da helfen auch beliebte Serien wie zum Beispiel Six Feet Under nicht drum herum. Das musste auch Yojiro Takita feststellen, als er für sein neuestes Projekt Geldgeber und Produzenten suchte. Nach Fertigstellung des Filmes dauerte es noch einmal ein gutes Jahr, bevor Okuribito in die Kinos kam. Eine viel zu lange Zeit, wie Takita gesteht, die den Regisseur währenddessen ungeduldig und beinahe schon trotzig fesstellen liess, der Film könne ja auch für den Wettbewerb um die Oscars angemeldet werden. Zuvor wurde Okuribito aber neun Mal mit dem japanischen Pendant des Oscars ausgezeichnet, dem Award of the Japanese Academy, die seit 1978 jährlich ihre besten Filmemacher auszeichnet. Nur zwei Tage später, am 22. Februar 2009, konnte der Regisseur auch noch den Oscar für den besten fremdsprachigen Film abholen. Gelohnt hat sich geduldige Warten allemal. Okuribito ist, auch wenn er sich hauptsächlich mit den Themen Tod und Abschied auseinandersetzt, einer der lebensbejahensten Filme, die ich kenne. Das liegt zu einem grossen Teil an Masahiro Motokis Schauspiel. Er scheint die Wärme, die Daigo Kobayashis lebenden Körper durchflutet, an die Toten zu übergeben. Für einen kurzen Augenblick scheint der Tod gebannt, scheint die Wärme in die erstarrten Glieder zurückzukehren, scheint das Leben über den Tod zu triumphieren. Was diesen 130 minütigen Film über den Tod darüberhinaus so voller Leben erscheinen lässt, sind die komischen Szenen in die Daigo stolpert. Es ist natürlich nicht eine «Schenkel-klopfende» Komik, sondern vielmehr die Art von Witz, die einem ein stilles aber ungemein ansteckendes Lächeln auf das Gesicht zaubert. Das Tabuthema Tod wird entzaubert, in die Realität geholt und verliert ein klein wenig von seinem Schrecken. Denn, wie sagt man so schön, erst wenn man den Tod als einen ganz natürlichen Teil des Lebens akzeptiert, kann man das Leben auch in vollen Zügen würdigen und geniessen.

Fazit: Wer beim Stöbern in gut sortierten DVD-Geschäften an diesem Film vorbeikommt, sollte sich ein Herz fassen und sich der unweigerlich stattfindenden eigenen «Abreise» stellen.

 

Regie:Yôjirô Takita
Cast: Masahiro Motoki, Ryôko Hirosue, Tsutomu Yamazaki
Okuribito (orig.), Departures, Nokan – die Kunst des Ausklangs, Japan, 2008, 130′

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