Django Unchained – Endlich wieder ein Tarantino!!!

Yes, yes, yes! Endlich wieder ein Tarantino-Film bei dem mir nicht das Gesicht einschläft! Django Unchained hat mich überrascht, mich mitgerissen, gut unterhalten trotz Überlänge, und mir neuen Glauben an das Kinogenie Tarantino geschenkt. In Django Unchained tauchen keine penetranten Fuss-Fetisch-Szenen auf, es gibt keinen ach so ausgelutschten Trunkshot, und es gibt (fast) kein elend langes Dialog-Gebrabbel, bei dem man das Gefühl hat, der Regisseur missbrauche seine Schauspieler als Sprachrohr für seine eigenen, teils recht überheblich anmutenden Monologe. Well done, Mr. Tarantino!

Jamie Foxx als Django, Christoph Waltz als Dr. King Schulz ⓒ Studio / Produzent
Jamie Foxx als Django, Christoph Waltz als Dr. King Schulz ⓒ Studio / Produzent

 

Die Synopsis

Angesiedelt in den amerikanischen Südstaaten, zwei jahre vor dem Bürgerkrieg, ist Django Unchained die Geschichte des versklavten Titelheldens Django (Jamie Foxx), der vom deutschstämmigen Kofpgeldjäger Dr. King Schultz (Christoph Waltz) befreit wird. Schultz verfolgt gerade die Spur der gesuchten Brittle-Brüder, und Django ist der einzige, der weiss, wie die drei aussehen. Der ehemalige Zahnarzt verspricht dem Sklaven die Freiheit, wenn ihm dieser hilft. Und so macht sich Django mit seinem unorthodoxen Freund auf die Suche nach den Brittle-Brüdern.

Die drei sind schnell gefunden und zur Strecke gebracht. Schultz hält sein Versprechen und entlässt seinen Verbündeten in die Freiheit. Der Kopfgeldjäger ist jedoch von Djangos Naturtalent im Umgang mit Waffen beeindruckt und macht diesem den Vorschlag, doch für eine Weile als Partner auf die Kopfgeldjagd zu gehen. Gemeinsam nehmen sie die meistgesuchten Verbrecher des Südens ins Visier.

Eines Abends, am klassischen Lagerfeuer, erzählt Django seinem Freund von seiner Frau Broomhilda (Kerry Washington) und dass sie getrennt worden seien. Er ist seit langer Zeit auf der Suche nach ihr und will sie retten. Der Deutsche Schultz ist so begeistert von der Idee einer schwarzen Brünhilde und eines schwarzen «Siegfrieds», dass er sofort einwilligt, die junge Geliebte seines Freundes zu befreien.

Gemeinsam machen sie sich also auf die Suche nach Calvin Candie (Leonardo Di Caprio), dem Besitzer von Broomhilda. Um sie zu befreien bedarf es eines ausgeklügelten Plans, der die beiden Kopfgeldjäger vor schauspielerische und finanzielle Probleme stellt.

Django trifft auf seinen Widersacher, Calvin Candie (Di Caprio) ⓒ Studio / Produzent
Django trifft auf seinen Widersacher, Calvin Candie (Di Caprio) ⓒ Studio / Produzent

 

Django auf Platz 3

Quentin Tarantino gehört, und das weiss wahrscheinlich jeder der mich kennt, zu meinen absoluten Favoriten. Und das nicht erst seit Kill Bill, sondern eigentlich schon seit seinem ersten Film, Reservoir Dogs. Ich schätze die Verweise auf teils vom durchschnittlichen Arthouse-Kinopublikum kaum beachtete Genrefilme wie zum Beispiel Shurayukihime (Lady Snowblood), Shao Lin san shi liu fang (Die 36 Kammern der Schaolin) oder Du bi quan wang da po xue di zi (Master of the flying Guillotine). Ich kann mich aber auch für den überaus treffenden Soundtrack und den hervorragenden Schnitt begeistern. Ich liebe die starken Farben seiner Filmbilder, die wirken, als entstammten sie einem Hochglanz-Magazin und ich erfreue mich an seinen frechen, oft unter der Gürtellinie einschlagenden Dialog- respektive Monologexkursen. Wenn ich wählen müsste, welcher Tarantinostreifen mein Favorit ist, dann müsste ich zwei Kategorien haben. Einerseits die Kategorie «Kunst-Faktor», andererseits die Kategorie «Kult-Faktor» (wohlgemerkt eine rein subjektive Einteilung). Und wie ihr seht, stimmen die Favoriten-Reihenfolgen der einzelnen Kategorien nicht  überein; bis auf Django, der jeweils die bronzene Medaille holt.

 

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KUNST-Faktor

  1. Jackie Brown
  2. Pulp Fiction
  3. Django Unchained
  4. Reservoir Dogs
  5. Four Rooms (The Man from Hollywood)
  6. Kill Bill Volume 1
  7. Kill Bill Volume 2
  8. Inglourious Bastards
  9. Death Proof

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KULT-Faktor

  1. Kill Bill Volume 1
  2. Pulp Fiction
  3. Django Unchained
  4. Reservoir Dogs
  5. Kill Bill Volume 2
  6. Four Rooms (The Man from Hollywood)
  7. Inglourious Basterds
  8. Jackie Brown
  9. Death Proof

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Eine kreative Möbiusschleife

ⓒ Studio / Produzent
ⓒ Studio / Produzent

Ich habe eingangs gejubelt, dass mit Django endlich wieder ein Tarantinofilm in die Kinos gekommen ist, der mir nicht das Gesicht einschlafen lässt. Seit Kill Bill hat Tarantino in meinen Augen keinen guten Film mehr abgeliefert. Ich weiss, mit dieser Aussage trete ich bestimmt vielen auf die Füsse. «Was ist mit Death Proof!», «HALLO, Inglourious Basterds ist Kult!» und so weiter, und so fort. Wie gesagt, Tarantino gehört zu meinen Favoriten, und da ist es schwer, die Objektivität zu wahren. Zugegeben, man hat auch weitaus grössere Erwartungen, wenn man als Fan und nicht als objektiver Beobachter im Kino sitzt. Erwartungen, die mit Inglourious Basterds und Death Proof bei weitem nicht erfüllt wurden.

Ich meine, schon nur der Grindhouse-Double-Feature-Beitrag Death Proof beweist, dass der Regisseur in einer kreativen Möbiusschleife steckte. Wer glaubt, den Hauptcharakter mit einer Stuntfrau besetzen zu müssen, sein Publikum 114 Minuten lang mit schwachsinnigem Girlie-Talk zu nerven und in jeder nur erdenklichen Einstellung sein vorheriges Werk zitiert, und der dann auch noch glaubt, dieser Schund bestünde neben dem bestechend guten Planet Terror, dem darf ruhig eine kreative Schaffenskrise attestiert werden.

Inglourious Basterds hat hingegen durchaus hervorragende Szenen. Aber über die Dauer von 153 Minuten hat der Film so viele Durststrecken, dass noch nicht einmal Christoph Waltzens oscargekürte Leistung den Dehydrierenden retten kann. Oder anders ausgedrückt: Ich habe mich gelangweilt von einer Seite meines Kinosessels in die andere gewälzt und gehofft, dass bald der Abspann über die Leinwand flimmert.

Fazit dieses Sermons: ich bin ziemlich misstrauisch in der Premiere von Django gesessen, hat mich doch einer meiner liebsten Regisseure mit seinen letzten beiden Filmen enttäuscht.

Von Minute zu Minute besser

Django beginnt eindrücklich. Die Titelmusik des Vorspanns ist zwar «geborgt», passt aber wie immer perfekt. Wir begleiten eine kleine Karawane von aneinandergeketteten Sklaven durch die endlose Weite des amerikanischen Kontinents bis sie – nach dem Abklingen der Titelmusik – eines Nachts in einem kleinen Wäldchen von einem merkwürdigen Mann aufgehalten werden. Er bittet die beiden Sklavenhändler mit einem eloquenten Redeschwall um Verzeihung, er habe aber Interesse an einem ihrer Sklaven und ob er ihn abkaufen könne. Christoph Waltz als Dr. King Schultz ist brilliant, die Rolle und der Text wie auf seinen Leib geschneidert. Die Nominierung für den Oscar als bester Nebendarsteller hat er sich mehr als nur verdient.

Der Sklave, den er kaufen will, ist Django, von Jamie Foxx verkörpert. In der Folge kann der Zuschauer beobachten wie sich der anfänglich unsichere Sklave zu einem gestandenen Helden entwickelt – und das Ganze in, für Tarantino eher untypisch, chronologischer Reihenfolge. Überhaupt hat man mit fortschreitendem Film das Gefühl, nicht den neuesten Film des Hollywood-Wunderkindes zu sehen. Da sind zwar durchaus Ansätze zu erkennen – die Musik, die blutige Gewalt – aber alles in allem wird einem mit Django ein ganz neuer Tarantino präsentiert. Man kann beinahe so weit gehen und behaupten, dass der Regisseur (endlich) erwachsen geworden ist. Und offenbar hat er auch seinen Humor und die Fähigkeit, treffende, durchdachte Dialoge zu schreiben wieder gefunden.

 

[important]Calvin Candie: White cake?
Dr. King Schultz: I don’t go in for sweets, thank you.
Calvin Candie: Are you brooding ’bout me getting the best of ya, huh?
Dr. King Schultz: Actually, I was thinking of that poor devil you fed to the dogs today, D’Artagnan. And I was wondering what Dumas would make of all this.
Calvin Candie: Come again?
Dr. King Schultz: Alexander Dumas. He wrote “The Three Musketeers.” I figured you must be an admirer. You named your slave after his novel’s lead character. If Alexander Dumas had been there today, I wonder what he would have made of it?
Calvin Candie: You doubt he’d approve?
Dr. King Schultz: Yes. His approval would be a dubious proposition at best.
Calvin Candie: Soft hearted Frenchy?
Dr. King Schultz: Alexander Dumas is black.[/important]

 

Dieser kleine Dialog dient nicht nur als Beispiel für die wiedergefundene Fähigkeit, ein gutes Drehbuch zu schreiben, sondern ist auch endlich ein Beweis dafür, dass der Regisseur mehr als nur Popkultur-Kino machen kann. In keinem seiner vorgängigen Filme wagte er sich eine politische Aussage zu machen. In keinem seiner vorgängigen Filme klagte der Regisseur so unverkennbar eines der dunkelsten Kapitel der Menschheit an. Und in keinem seiner vorgängigen Filme geniesst man die blutige Rache des Heldens so unverhohlen wie in Django.

Well done, Mr. Tarantino!

★★★★★

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Django unchained, Quentin Tarantino, USA, 2012, 165′Cast: Jamie Foxx, Christoph Waltz, Leonardo Di Caprio, Samual L. Jackson, u.a.

2 Comments

  1. Grossartiger Film, moderates Gemetzel für einen Western, etwas Blut an der Wand sollte nach KILL BILL ja niemanden schrecken. Einzig Mösiöööö Coooondy kam als Figur etwas zu langezogen daher, was aber nicht Leo anzulasten ist.

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