Das erstmals unter der künstlerischen Leitung von Annette Schindler stattfindende Fantoche konnte die Publikumszahlen im Vergleich zum Vorjahr halten. Insgesamt wurden 34 000 Eintritte verzeichnet, also gleich viele wie im Rekordjahr 2011. In 6 Kinosälen mit total 1307 Plätzen liefen insgesamt 13 Langfilme und 241 Kurzfilme aus 64 Ländern (im Vergleich dazu 12 Langfilme und 205 Kurzfilme aus 34 Ländern im letzten Jahr).
Das Zitat «überaus spannende und vielseitige Programm» hinterlässt jedoch einen etwas schalen Geschmack. Bei aller Liebe zum Animationsfilm und dem Fantoche, bei einigen Wettbewerbsteilnehmern kam ein leichtes Déjà-vu auf. An was das liegen mag? Möglicherweise an dem kaum veränderten Selektionsteam, das für die Auswahl des Internationalen Wettbewerbs verantwortlich zeichnet. Otto Alder, Robert Buschwenter, Christian Gasser und die jeweiligen künstlerischen Leiter der vergangenen Jahre zeigen mit ihrer Auswahl eine klar ersichtliche Handschrift. Was dazu führt, dass man bei praktisch jedem zweiten Beitrag das Gefühl hat, das ganze schon einmal gesehen zu haben (siehe dazu http://wordpress.kybusan.ch/?p=1093).
Nicht viel besser fühlt man sich als passionierter Fantoche-Gänger im Schweizer Wettbewerb. Der gefühlte hunderste Studenten- oder Abschlussfilm aus der Trickfilmer-Schmiede HSLU (Hochschule Luzern, Departement Design & Kunst) wird einem da präsentiert. Zugegeben, in den beiden letzten Jahren sind von jeweils rund 20 Wettbewerbsteilnehmern im Katalog nur jeweils sechs als offizielle HSLU-Filme gekennzeichnet. Die als «Studentenfilme» ausgezeichneten Beiträge würden jedoch das Dutzend voll machen. Da fragt man sich, ob es nicht sinnvoller wäre, eine Kategorie «Werkschau HSLU» für das nächste Jahr einzuführen.
Déjà-vu Sound, Trailer und Preisträger
Lobenswert ist, dass das Publikum dieses Jahr rasch in die Säle gelassen wurde und es kaum Verzögerungen gab. Jedoch musste das Publikum vorallem zu Beginn des Festivals einige technische Probleme akzeptieren. So wurde in zwei aufeinander folgenden Blöcken jeweils ein Beitrag gestrichen, da die Vorführer offenbar nicht mit den verschiedenen Formaten klar kamen. Mit dem Fortschreiten des Festivals hatten die Vorführer aber die Technik im Griff und das Publikum konnte die Filme geniessen.
Ein weiteres Déja-vu fällt dann zuguterletzt bei den Preisträgern auf. The Great Rabbit von Atsushi Wada (FR/JP 2012) wurde mit dem Award Best Story ausgezeichnet. Atsushi Wada war schon 2010 am Fantoche vertreten und gewann damals mit seinem Beitrag In a Pigs Eyedie Kategorie für den besten ausländischen Film. Das fällt hauptsächlich deswegen auf, weil sich die beiden Beiträge sehr ähnlich sind. Auch Georges Schwizgebel war in den letzten drei Jahren mit beinahe identischen Beiträgen am Fantoche im Schweizer Block vertreten. Genauso wie letztes Jahr wurde Schwizgebel auch dieses Jahr mit einer «Speziellen Erwähnung» geehrt. Die Ähnlichkeit ist schon nur auf den Bildern zu sehen. Das ist ehrlich gesagt wenig «spannend und vielseitig».
Grundsätzlich ist das, was die Festivalleitung in Baden auf die Beine stellen, der Wahnsinn. Ganz klar, ich würde bestimmt etwas vermissen, wenn es das Fantoche nicht geben würde. Was ich hingegen nicht vermissen würde, sind die Sponsorentrailer. Dass ein Festival mit einem gewissen Alter auch eine bestimmte Corporate Identity aufweisen muss, ist klar. Aber müssen die Sponsorentrailer auch diesem Identitätsregime untergeordnet werden?
Nichts desto Trotz, ich werde auch nächstes Jahr wieder mit dabei sein und mir das einmalige Erlebnis, einen animierten Langfilm im Kino zu sehen, gönnen. Ob ich mir nächstes Jahr wieder sämtliche Wettbewerbsblöcke zu Gemüte ziehen werde, stelle ich jedoch noch in Frage.
Die Gewinner im Detail
Die Jury für den Internationalen Wettbewerb – bestehend aus Mait Laas (EE), Zenhua Li (CN, CH), Tomas Lunak (CZ), Michaela Müller (CH, USA) und Nicole Seiler (CH) – kürte folgende Beiträge:
Best Film: Oh Willy… Emma De Swaef, Marc James Roels, BE/FR/NL 2012
High Risk: Kuhina, Joni Männisto, FI 2011
New Talent: Belly, Julia Pott, GB 2011
Best Sound: 663114, Isamu Horabayashi, JP 20122
Best Visual: What happens when children don’t eat soup, Pawel Prewencki, PL 2011
Best Story: The Great Rabbit, Atsushi Wada, FR/JP 2012
Der NAB-Publikumspreis ging an Chinti, Natalia Mirzoyan, RU 2012
Die Jury für den Schweizer Wettbewerb – bestehend aus Vanja Andrijevic (HR), Michal Prochazka (CZ) und Tamaki Okamoto (JP/FR) – kürte folgende Beiträge:
Best Swiss: La Nuit de l’Ours, Samuel und Fred Guillaume, CH 2012
High Swiss Risk: Zmitzt drin, Cécile Brun, CH 2011
Special Mention: Chemin faisant, Georges Schwizgebel, CH 2012
Der Publikumspreis ging ebenfalls an La Nuit de l’Ours, Samuel und Fred Guillaume, CH 2012
Eine fünfköpfige Kinderjury mit Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren wählte Zing, Kyra Buschor und Cynthia Collings, DE 2012 zum «Best Kids». Der Beitrag erhielt zudem den Kinderpublikumspreis. Die Betreuung der Kinderjury erfolgt durch den Kinderfilmklub «Die Zauberlaterne».
The Best of Fantoche on Tour
Wer keine Gelegenheit hatte, letzte Woche das Fantoche ein Baden zu besuchen, kann das «Best-of»-Programm nächsten Monat in diversen Schweizer Städten besuchen:
Riffraff Zürich: Freitag 12.10., Samstag 13.10., Sonntag 14.10.
Bourbaki Luzern: Freitag 12.10., Samstag 13.10., Sonntag 14.10.
Cinématte Bern: Montag 8.10.
Lichtspiel Bern: Kinderprogramm 13.10.
ABC Culture La Chaux-de-Fonds: Freitag 05.10.
Filmpodium Biel: Freitag 12.10., Samstag 13.10.
Kultkino Basel: Freitag 13.10.
Turbine Theater Langnau am Albis: Freitag 23.11.