Fantoche 2011: The Green Wave

Im krassen Gegensatz zu Kari-gurashi no Arrieti steht The Green Wave von Ali Samadi Ahadi. Die Reisszähne einer Diktatur schlagen sich in das Fleisch eines unbedarften Festivalbesuchers und reissen sein Herz in Stücke. Wer nach diesem Anidoc keine Träne im Auge hat – oder mindestens eine halbe Stunde lang das Bedürfnis hat, ein aktives Mitglied bei Amnesty International zu werden – der ist nicht nur herz- und mitleidlos, nein, dieses Wesen hat die Bezeichnung Mensch nicht verdient.

Ⓒ Studio / Produzent

In The Green Wave setzt der aus dem Iran stammende und heute in Deutschland lebende Regisseur die Ereignisse rund um die Präsidentschaftswahl im Juni 2009 in seinem Mutterland um. Dabei konzentriert er sich im Kern auf die Geschichte von zwei Personen: einer jungen Frau die politisch aktiv in der Gefolgschaft von Mussawi freiwillig mitarbeitet und einem jungen Mann, der sich von den Geschehnissen rund um die Wahlen mitreissen liess. Beide spüren die aufkeimende Hoffnung, beide tanzen und feiern auf den Strassen, beide sind davon überzeugt, dass ihr Mann Mussawi die Wahl gewinnen wird und die Freiheit zum Greifen nah ist. Doch die beiden haben, wie auch ein grosser Teil der auf den Strassen demonstrierenden Leuten, dir Rechnung ohne den Wirt gemacht. Ahmadinedschad wird, trotz den überwältigenden Massen die demonstrieren, wieder gewählt. Dass für 40 Millionen Wähler rund 63 Millionen Wahlzettel gedruckt wurden (laut FAZ) muss den «erdrutschartigen» Sieg des Amtsinhabers vereinfacht haben. Vor den Wahlen befand sich das Land im Freudentaumel: die Menschen gingen auf die Strassen, sangen und tanzten und eine grüne Welle der Hoffnung schwabte durch das Land. Auf die Wahl und die zähneknirschende Bestätigung der Wahlergebnisse durch den Wächterrat folgte Verfolgung, Verschleppung und Tod der zuvor Feiernden durch das Regime und seine Miliz.

Ahadi benutzt zur Darstellung der Ereignisse nicht nur seine eigenen Bilder. Er lässt den jungen Iran auch selber sprechen. Handyaufnahmen, Facebook- und Twitternachrichten komplettieren zusammen mit Interviews mit Exiliranern und Menschenrechtlern das gesamte, grausame und gewalttätige Bild. Die politischen Umwälzungen, die wir Anfang diesen Jahres in Tunesien und Ägypten miterleben durften, wären möglicherweise ohne die Geschehnisse im Iran 2009 nicht möglich gewesen. Es ist zu hoffen, dass 2013, wenn die nächsten Wahlen anstehen, das iranische Volk wieder auf die Strassen gehen wird; und dieses Mal seine Stimme gehört wird. Von den Machthabern, den Geistlichen, dem Rest der Welt. Denn das, was Ahadi einem mit seinem Film ins Gedächtnis ruft, – und das in einer Zeit, in der von einigen Ewiggestrigen gegen andere Kulturen und Religionen mobil gemacht wird – ist, dass auch im fernen Iran Menschen leben, die nichts mehr wollen, als die Freiheit, ihr Leben selbst zu bestimmen.

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