Au Revoir Taipei – eine romantische Liebeserklärung

Au Revoir Taipei ist der erste abendfüllende Film des amerikanisch-taiwanesischen Regisseurs Arvin Chen. Es ist eine Liebeserklärung an eine grosse asiatische Stadt, welche für den in Amerika aufgewachsenen Filmemacher vor allem in der Nacht die romantischen Geheimnisse preiszugeben scheint. Das glitzernde und bunte Treiben in den Gassen der Metropole, die Menschenmenge, die sich durch enge Strassen drängt, immer auf der Suche nach den besten Dumplings, und die im krassen Kontrast dazu leeren, dunklen Gassen sowie beinahe menschenleere Parks – all das entführt einen von der ersten Minute an in eine andere Welt, die es zu entdecken gilt.

Zuerst einmal verabschiedet aber ein junger Mann seine Freundin mitten in der Nacht. Sie steigt in ein Taxi, welches sie zum Flughafen bringt, wo sie in einen Flieger nach Paris steigen wird. Kai, der Zurückgelassene, verbringt in der Folge seine Tage voller Liebeskummer.

Amber Kuo als Suzie Ⓒ trigon-film

Tagsüber hilft er im Nudelsuppen-Restaurant seiner Eltern aus, die Nächte verbringt er in einer Buchhandlung, wo er in französischen Lehrbüchern schmöckert und sich die Sprache selber beibringt. Radebrechend hinterlässt so zum Beispiel auf dem Telefonbeantworter seiner Geliebten die Nachricht, dass Taipei ohne sie «trés, trés triste» sei. Es ist vom ersten Augenblick an klar, dass Kai weit aus mehr Gefühle für seine Faye hegt, als dieser vielleicht lieb ist. So verwundert es nicht weiter, dass Faye – als sie dann doch einmal erreichbar ist – auch prompt mit dem armen Tropf in der alten Heimat Schluss macht. Das bestärkt den jungen Mann aber nur noch mehr in seinem Unterfangen, seiner Faye nach Paris zu folgen. Nur fehlt das nötige Geld dazu. Auch die Eltern Kais sind keine grosse Hilfe, kommen sie mit ihrem Restaurant gerade eben so über die Runden. Da kommt das Angebot Bruder Baos, eines zwielichtigen Stammkunden im elterlichen Restaurant, gut gelegen. Falls Kai ein kleines Paket mitnehmen würde, würde Bao für die Kosten der Reise aufkommen.

Dass dieses Angebot nicht unbedingt legal ist, scheint einzig dem Zuschauer offensichtlich zu sein. Kai willigt ohne weiteres Zögern ein und landet alsbald in einer chaotischen Situation. Denn Baos Neffe Hong wittert die Möglichkeit für ein perfektes Verbrechen, ist doch durchgesickert, dass in dem Paket, welches Kai nach Paris bringen soll, die Altersvorsorge des Onkels sei. Hong, der offensichtlich ein romantisches Gefühl für die Jazzmusik hegt und sich aber gleichzeitig eine rosige Zukunft in der Tradition der grossen Mafiabosse ausmalt, weist seine drei Untergebenen an, Kai das Paket abzunehmen. Clever wie Hong ist, wird er bei seinem Onkel sein, damit der Verdacht nicht auf ihn fällt. Derweil ist besagtes Paket aber noch an einem sicheren Ort versteckt, wo es unter Beobachtung der Polizei steht. Zwei Polizisten haben eine erste Übergabe des Pakets verhindert und warten nun darauf, dass es abgeholt wird und sie die Spur wieder aufnehmen können. Auch im Auto der Polizisten drehen sich die Gespräche hauptsächlich um das Thema Liebe. Und obwohl der ranghöhere Polizist zu Hause eben von seiner Freundin verlassen worden ist, gibt er seinem jüngeren Partner den Tipp, so viele Freundinnen wie möglich zu haben. Als Polizist sei es sowieso ein Leichtes, an Frauen heranzukommen.

Jack Yao als Kai Ⓒ trigon-film

Am letzten Abend in Taipei will Kai zusammen mit seinem Freund Gao noch einmal die Köstlichkeiten der taiwanesischen Küche kosten und verabredet sich mit ihm in der Strasse mit den meisten Restaurants. Auch Gao ist unglücklich verliebt und so haben die äusserlich recht ungleichen Freunde zumindest eines gemeinsam. Zuvor muss Kai aber noch das Paket entgegen nehmen. So machen sich die beiden auf, treffen den Mann von Bao und können durch mehr Glück als Verstand die beiden Polizisten abschütteln. Nicht ahnend, dass sowohl die Polizei als auch Hongs Untergebenen hinter ihnen her sind, beratschlagen sie sich in der Strasse der Restaurants erst einmal, wo sie was essen könnten und entscheiden sich für Dumplings. Mitten im Gewusel der Menschenmenge, immer noch auf der Suche nach den besten Dumplings, entdecken die beiden Freunde eine junge Frau, die einsam an einem Tisch sitzt. Kai kennt diese junge Dame, arbeitet sie doch in der Buchhandlung, in der er Französisch studiert. Suzie, so ihr Name, belegt gerne Kurse und hegt ihrerseits ein romantisch Gefühl für den jungen Mann, der aus Liebe in ihrer Buchhandlung eine fremde Sprache lernt. Somit sind die drei Parteien, die eine wilde Nacht erleben werden, eingeführt. Am Schluss, soviel sei verraten, wird die Liebe siegen.

Ein zufriedenes Lächeln ist garantiert

Hong und sein Onkel Bruder Bao Ⓒ trigon-film

Arvin Chen hat, mit der Unterstützung des bekannten Wim Wenders, seine Geschichte in 34 Tagen abgedreht. Au Revoir Taipei spielt ausschliesslich in der Nacht, für den Regisseur und die Crew ein bewegender, gar magischer Umstand. «Alle hielten uns verrückt, wenn sie hörten, dass ich einen Film machen wollte, der im Grunde zu 99 Proznet in der Nacht spielt», erzählt Chen «aber nach einer Weile liebte ich diesen Umstand geradezu. ( … ) Es war irgendwie erheiternd, unsere Schauspieler einfach an einen Drehort zu bringen und draufloszulegen.» Auch Amber Kuo, die Suzie spielt, glaubt, durch die besondere Stimmung eines anbrechenden Tages in die richtige Gemütslage gebracht worden zu sein, um die Abschiedsszene zwischen ihrer Figur und Kai besser hinbekommen zu haben. Bevor die eigentlichen Dreharbeiten aber beginnen konnten, mussten Chen und sein internationales Produktionsteam aber die Schauspieler casten. Vom billigen Gangster bis zur gewöhnlichen Buchhandelsangestellten wollte der Regisseur sehr spezifische Typen von Charakteren zeigen. So suchte Chen weniger nach versierten Schauspielern mit einem veritablen Hintergrund, sondern eher nach Menschen, die wohl auch schon rein äusserlich und vom Charakter her auf die jeweiligen Figuren passten. Das Resultat war eine Mischung von älteren Schauspielern, Laiendarstellern sowie Unterhaltungskünstlern aus anderen Gebieten, die noch nie mit Film zu tun gehabt hatten. Die Rolle der Suzie zu besetzen sei aber das Schwierigste gewesen, so Chen. Nach Monaten erfolglosen Suchens erinnerte sich der Regisseur schliesslich an eine populäre junge Sängerin namens Amber Kuo, die er bisher nie hatte treffen können weil Kuo wegen ihrer TV-Show dauernd ausgebucht gewesen war. Chen kontaktierte sie erneut. «Als sie hereinspazierte, lächelten der Castingverantwortliche und ich einander nur an. Ich fühlte, dass der Film nun endlich Gestalt annehmen würde. Kuo ist die Klangfarbe unseres Filmes – bittersüss.» Klangfarbe ist denn auch ein gutes Stichwort. Alter Jazz ist das Bindeglied zwischen den einzelnen Episoden. Laut Chen die richtige Musik, die das Lebensgefühl und die Stadt schlechthin am besten wiedergibt. Es entstanden in Zusammenarbeit mit einem Jazzkomponisten und Gitarristen über 15 Eigenkompositionen, die die Klangfarbe von Au Revoir Taipei perfekt wiedergeben. «Jazz kann romantisch sein, traurig, aber auch leicht und munter, genau wie unser Film», gibt Chen zu bedenken.

Und diese Aussage passt perfekt auf ein abschliessendes Fazit: Au Revoir Taipei ist ein leichter und munterer, romantischer und melancholischer kleiner Film. Zwar ist die Story reichlich vorhersehbar und auch die letzte Einstellung ist – vor allem für diejenigen, die Kitanos Zatôichi kennen – nicht weiter überraschend. Trotzdem unterhält der erste abendfüllende Film Chens seine Zuschauer und entlässt das Publikum mit einem zufriedenen Lächeln auf ihren Gesichtern in die Welt ausserhalb des Kinos. Au Revoir Taipei läuft ab diesem Donnerstag unter anderem im Kino Arthouse Movie in Zürich, jeweils um 14.30 Uhr, 16.30 Uhr, 18.30 Uhr und 20.30 Uhr. Wie es sich für einen Trigon-Film gehört in der Originalversion mit deutschen und französischen Untertiteln.

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